RGB Filzlampe |
Elektronik und Textilkunst
Elektronik und Kunsthandwerk schließen sich nicht aus. Ich stolperte vor einiger Zeit bei der Recherche zu Textilkunst über die Shibori Technik. Mit dieser, aus Japan stammenden Abbindetechnik werden, ähnlich der Batik, bunte Stoffe gefärbt. Dazu stickt, bindet, verdrillt und/oder verknotet man Stoffe und taucht sie anschließend in Färbebäder. Die Ergebnisse sind sehr interessant. Auf der Suche nach mehr Informationen zum Thema, fand dich die Bücher „Modernes Shibori“ von Silke Bosbach und „Filz Experiment“ von Annette Quentin-Stoll und Robert Quentin – beide Autoren arbeiten mit Wollstoffen und Abbindetechnik. „Filz Experiment“ hat mich zu der Lampe inspiriert. Die Autorin nutzt Vorbilder der Natur und verarbeitet Wollvlies zu organischen Formen. Dazu setzt Sie unter anderem Shibori Abbindetechniken ein.
Mein Projekt stand fest. Ich wollte für eine Textilausstellung eine Lampe bauen, die den organischen Look eines Korallenskeletts haben sollte.
Filzarbeiten, das Material verstehen
Ich hatte mich zuvor noch nie, abgesehen von einem Pullover, den ich zu heiß in der Waschmaschine gewaschen hatte, mit dem Filzen beschäftigt. Deshalb stellte ich kein Vorvlies her, sondern besorgte mir ein fertiges Wollvlies in einem Naturweiß. Wolle verfilzt sich. Aber warum? Die Tierhaare haben eine schuppige Oberfläche. Warmes Wasser und alkalische Seife stellen die Schuppen auf. Durch die Walkbewegung verkeilen sich diese Schuppen ineinander und bilden einen festen, unlösbaren Verbund. Dabei schrumpft das Werkstück.
Probefilz erstellen
Schritt 1: Kreise markiern und heften
Da mir die Erfahrung fehlt, teste ich zuerst die Technik an einem „kleineren“ 30 x 30 cm Stück. Aber auch erfahrene Filzer machen Proben. Man darf den Materialaufwand nicht unterschätzen, denn jeder kleine Wollstachel benötigt die Fläche eines Kreises von 5-6 cm Durchmesser. Ich markiere mit einem wasserlöslichen Stift aus dem Schneidereibedarf die Kreise auf dem Wollvlies. Dabei ordne ich die Kreise wie Bienenwaben an. Mit einer Nadel und reichlich schwarzem stabilen Faden nähe ich mit einem Heftstich die Kreise ab. Dabei achte ich darauf, den Anfangs- und Endfaden etwa 15 cm überstehen zu lassen.
Schritt 2. Zusammenziehen und Abbinden
Danach geht es ans Abbinden. Zuerst ziehe ich die Enden der Heftfäden vorsichtig zusammen. Der Wollvlieskegel hebt sich. Ich helfe mit einem kleinen Zug an der entstehenden Spitze nach. Der Kegel legt sich in Falten. Ich mache einen Doppelknoten. Nun benutze ich die beiden Fadenteile um diesen entstandenen Wollzipfel kreuzförmig und fest zu umwickeln und zu sicher zu verknoten. Die überstehenden Fäden schneide ich auf ca. 1cm zurück.
Schritt 3 : Seife und Wasser kommen zum Einsatz
Es ist Zeit zum Filzen. Das Werkstück wird in warmes Wasser getaucht und mit einer Schmierseife (ich benutze Kernseife) in der Hand gewalkt. Das heißt, ich knete das Werkstück und die abgebundenen Stacheln in der Hand bis das Werkstück verfilzt ist. Dabei wird es klein und sehr kompakt. Nun noch mit klarem Wasser spülen, die Fäden vorsichtig ziehen und das Ergebnis trocknen lassen.
Erste Tests mit der Transparenz des Materials und Leuchtdioden
Ich finde, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ich mache an dem Musterstück dann auch gleich Proben mit Leuchtdioden. Einzelne LEDs in den Stacheln gefallen mir nicht. Ich will die Lampe homogener erstrahlen lassen und wähle deshalb RGB LED Streifen.
Material berechnen und das Werkstück filzen
Jetzt kann ich meinen Bedarf an Wollvlies berechnen. Ich habe eine bekannte Größe des Musterstücks und eine gewünschte Größe der Lampe. Ich muss für meine Lampe ein Stück Filz mit 1,2 Meter Länge und 50 cm Breite filzen. Bitte macht unbedingt selbst Probefilze, denn das Ergebnis kann variieren! Die Arbeitszeit darf man nicht unterschätzen. Ich habe mich einen kompletten Sonntag damit beschäftigt. Danach hat man ein unbeschreiblich schönes Unikat in den Händen.
Aus was für einem Material baue ich den Standfuß?
Als Sockel dient mir ein zylinderförmiger roter Abfall-Stein aus dem leider aufgelassenen Marmorwerk am Ort. Nachträglich hätte mir jedoch ein würfelförmiger Granitstein, wie er z.B. im Straßenbau verwendet wird, besser gefallen. Natürlich könnte man auch einen Metall, Holz oder Kunststoffsockel verwenden. Wichtig ist das Gewicht und die Grundfläche. Der Sockel sollte so gewählt werden, dass die fertige Lampe stabil steht. Mit einem Steinbohrer bekommt mein Stein ein Loch in der Mitte. Marmor bohrt sich leichter als harter Granit. In das Loch klebe ich mit Zweikomponentenkleber einen Alustab. Auch hier verwende ich Material, das bei einem Zuschnitt einer Antenne als Abfallstück übrig blieb. (Mach flott den Schrott). Je nach Material und Stabdurchmesser federt die Lampe später nach oder bleibt starr (Eisenstab) wenn man sie anstupst. Die Stange dient als Halterung für die LED Streifen.
Jetzt kommt der Teil mit dem Licht...
Ich verwende zwei 50cm lange RGB LED Streifen und einen RGB LED Controller mit Infrarotfernbedienung. Da sich LED Streifen nur sehr wenig erwärmen und mit Niederspannung betrieben werden, sind sie ideal für Basteleien mit Stoff und Papier. Ich verlöte die beiden 50 cm langen Streifen mit vier Litzen an den, mit RGB und 12Volt gekennzeichneten Anschlüssen. (RGB steht für die Farben Rot, Grün, Blau). Ein Ende des LED Streifens bleibt offen. An das andere Ende löte ich den Steckverbinder des Controllers. Der Controller besitzt einen Anschluss für ein Steckernetzteil. Die Stärke des Netzgerätes muss man nach der Stromaufnahme der Streifen wählen. Für meine Streifen reicht ein Netzteil mit 12V DC und 1A. Ich klebe nun die Streifen auf die Aluminiumstange und fixiere die Kabel vorsichtig mit einem Kabelbinder am oberen und unteren Ende des Metallstabes. In der Mitte ziehe ich einen Kabelbinder vorsichtig über den Streifen zusammen. Ich rechne damit, dass das Klebeband nach einigen Jahren nicht mehr hält.
Schaltung vor Fertigstellung testen
Der Controller ist angesteckt. Das Netzteil ist verbunden. Ein kurzer Test zeigt mir, dass alle LEDs und der Controller funktionieren und ich mit dem Verkleiden der Lampe fortfahren kann. Zuerst suche ich mir einen der unteren Filzstacheln und schneide ihn an der Spitze mit einer Schere ab. In diesem Loch findet der Infrarotempfänger Platz. Er muss eine Sichtverbindung zum Sender haben. Ich verklebe ihn mit Patex. Ich streiche den Infrarotempfänger und Filz mit Kleber ein, lasse ihn kurz ablüften, und verklebe anschließend beide Teile. Dann wird der Stachelfilz zu einem Zylinder zusammengenäht und über die Lampe gestülpt. Ein weiterer Test erfolgt. Sieht alles gut aus? Ja, es gefällt mir. Ich falte die Enden oberhalb des Metallstabes zusammen und schließe die Öffnung mit einem naturfarbenen Faden. Ebenso nähe ich die Unterseite um den Metallstab zusammen. Den Controller lasse ich am unteren Ende, innerhalb des Filzes verschwinden.
Fertig!
Die Lampe war auf der Ausstellung ein Blickfang. Allerdings konnte ich mich nicht durchringen, sie zu verkaufen. Es steckt zu viel Herzblut und Arbeit darin. Sie ist ein schönes Stimmungslicht am Abend.
Material und Werkzeug:
- naturfarbenesWollvlies Vorfilz, wird meist in 1,90 m Breite am laufenden Meter verkauft,
- schwarzes und naturfarbenes, stabiles Garn
- kreisförmige Schablone, z.B. Trinkglas, Getränkedose etc.
- wasserlöslicher Markierungsstift
- Nadel und Schere
- Wasserschüssel oder Waschbecken mit warmen Wasser
- Schmierseife oder Kernseife
- Sockelstein aus Granit, Marmor oder ein Stein aus dem Bach
- Metall- oder Holzstange ca. 55 cm
- Steinbohrer und Bohrmaschine
- Kleber
- LED RGB Streifen 2 x 50cm
- 4 Litzen 0,25 qmm für LED Streifen-Verbindung (ca. 10 cm)
- RGB Controller mit Infrarotfernbedienung
- Steckernetzteil ca. 1A
- 3-4 Kabelbinder (oder nichtleitendes Befestigungsmaterial)
- Lötkolben und Lötzinn
- Seitenschneider