Warum manche Geräte nach einem Stromausfall nicht mehr funktionieren.
Dient als Beispiel: Der Router von Netgear. |
Jahrelang verrichtete der hier exemplarisch vorgestellte
Router des Herstellers Netgear unauffällig seinen Dienst. Bis zu einen
Stromausfall seitens des Netzbetreibers. Nach der Wiederherstellung der
Stromversorgung stellte der Router keine Internetverbindungen mehr her. Der
Grund des Ausfalls lag nicht am Elektroversorgungsunternehmen (EVU) sondern an der Alterung der Elektrolyt-Kondensatoren im
Spannungswandlerteil des Routers. Die leicht gelbliche Verfärbung auf der Oberseite des Gehäuses deutete auf eine hohe thermische Belastung der Bauteile hin. Grund genug, diesem Gerät mal unter die Haube zu schauen.
Elektrolytkondensatoren – Bauteile mit Ablaufdatum
Fabrikneue Elektrolyt-Kondensatoren. |
Ein Elektrolytkondensator (Elko) ist ein gepolter
Kondensator. Die Anoden-Elektrode besteht aus einem Metall, auf dem durch
Elektrolyse eine Isolierschicht aufgebracht wird. Sie bildet das Dielektrikum. Der
Elektrolyt ist in den meisten Fällen eine elektrisch leitende Flüssigkeit. Sie
bildet die Kathode des Elektrolytkondensators. Dieser Aufbau gestattet es große
Kapazitäten, und damit Energie, auf vergleichsweise kleinem Raum
unterzubringen. Elkos sind, neben den Leistungshalbleitern, die zentralen Bauteile eines Schaltnetzteils. Sie verdrängten herkömmliche Netzteile mit Netztrafo,
Gleichrichter und Stabilisierung während der letzten 10 Jahre nahezu
vollständig vom Markt. Diese Kondensatoren stellen aber zugleich hochbelastete
Bauteile dar. Deren technische Parameter findet man in den Hersteller-Datenblättern. Neben den elektrischen Parametern ist das Lebensdauerdiagramm interessant. Vereinfacht gesagt handelt es sich bei diesem Diagramm um die
Darstellung der zu erwartenden Lebensdauer in Abhängigkeit von Bedingungen wie
Ripplestrom und Umgebungstemperatur. Darin ist klar erkennbar, je höher der
Ripplestrom und je höher die Umgebungstemperatur ist, desto kürzer ist die zu
erwartende Lebensdauer. Wie groß der Einfluss der Temperatur ist, zeigt schon
die in der Industrie etablierte „10-Kelvin-Regel“: Die Absenkung der
Betriebstemperatur um 10K bedeutet eine Verdoppelung der Lebensdauer. Ein
Beispiel:
Das Datenblatt eines Elkos nennt eine Lebensdauer von 5000
Stunden bei einer Betriebstemperatur von 105°C. Mit anderen Worten: Nach etwa
208 Tagen Betriebsdauer hätte der Elko das errechnete Lebensende erreicht. Bei
55°C Betriebstemperatur sähe das Ergebnis so aus: 160.000 Stunden oder 18
Jahre und 3 Monate würde der Elko
rechnerisch durchhalten.
Kostendruck führt zu frühen Ausfällen
3 defekte Elkos auf der Routerplatine. |
Die oben errechneten Ergebnisse sehen zunächst sehr
vielversprechend aus. Die Praxis zeigt ein anderes Bild. Consumergeräte stehen
in einem harten Wettbewerb und müssen sich auf einem Markt behaupten, in dem
weitgehend der Preis das größte Kaufargument ist. Folglich versucht der Hersteller an jeder Ecke zu sparen. Im Besonderen da, wo es nicht sofort auffällt – bei
den verwendeten Bauteilen. Große Gehäuse mit guten Belüftungen benötigen viel
Material. Also wird das Gehäuse auf ein Mindestmaß reduziert, auch wenn im
Innern hohe Temperaturen entstehen, die schlecht nach Außen abgeführt werden
können. Elkos werden so dimensioniert, dass sie sehr wenige oder gar keine
Reserven bieten, was die Spannungsfestigkeit und Kapazität angeht. Und natürlich wird in der
Regel der billigste Hersteller ausgewählt. Die hohe Packungsdichte auf den Platinen
bedingt, dass sich thermisch belastete Bauelemente auf engstem Raum zueinander
befinden und sich gegenseitig aufheizen. Die technischen Daten verschlechtern
sich im Betrieb bei jedem Elko. Der flüssige Elektrolyt im Elko ist die
Hauptursache für die endliche Lebensdauer. Höhere Temperaturen und höhere Spannungen, die den
Alterungsprozess beschleunigen, sind dafür verantwortlich. Grenzwertige
Dimensionierungen seitens der Entwickler beschleunigen den Prozess zusätzlich,
so dass Elkos sehr viel früher ausfallen, als dies unter optimierten
Bedingungen der Fall wäre. Herstellerseitig besteht nur wenig Interesse, in die
Lebensdauer des Gerätes über die Herstellergarantie hinaus zu investieren.
Ausschalten – Einschalten – Kaputt?
Wie kommt es nun zu dem Phänomen, dass jahrelang am Netz
hängende Geräte nach einem Stromausfall oder auch nur nach dem Aus- und
Wiedereinschalten nicht mehr funktionieren? Nun, die größte Belastung entsteht beim
Einschalten eines Gerätes. Für kurze Zeit wird unter Umständen ein Vielfaches
des Stroms benötigt, der im Stand-by oder im Normalbetrieb nötig ist. Genau zu
diesem Zeitpunkt ist der Stress für die Stromversorgung am größten. Die Elkos
müssen hohe Ströme zur Verfügung stellen. Vorgeschädigte Elkos, die in der
Regel schon im Neuzustand am Limit dimensioniert waren, versagen dabei den
Dienst. In dieser Folge kann das Netzteil weder die nötige Spannung noch den
geforderten Strom liefern. Das Gerät schaltet sich erst gar nicht ein oder funktioniert nur noch eingeschränkt.
Kaum eine Gerätegattung, die nicht von diesem Phänomen betroffen wäre: PCs, Drucker, Sat-Receiver, Monitore, Steckernetzteile, Ladegeräte. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
Kaum eine Gerätegattung, die nicht von diesem Phänomen betroffen wäre: PCs, Drucker, Sat-Receiver, Monitore, Steckernetzteile, Ladegeräte. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
Sichtbare Schäden
Enge Bestückung und hohe Temperaturen im PC-Netzteil. Der frühe Ausfall ist programmiert. |
Im fortgeschrittenen Stadium sind defekte Elkos schon mit
bloßem Auge sichtbar. Die Aluminiumkappe zeigt dann im Bereich der
Sollbruchstellen eine deutliche Wölbung. Der Druck im Inneren des Elkos,
hervorgerufen durch die Bildung von Wasserstoffgas, steigt und bläht den Elko
bis zum Zerplatzen auf. Die Sollbruchstelle sorgt dafür, dass dies weitgehend
kontrolliert abläuft. Gelegentlich ist auch der Dichtgummi am Fuß des Elkos aus
der Pressung gedruckt. Ausgelaufener Elektrolyt ist elektrisch leitend und
trocknet als bräunlich gefärbter, verkrusteter Belag. Die Leitfähigkeit des
flüssigen Elektrolyts kann zu Kurzschlüssen auf der Platine führen und weitere Schäden nach sich ziehen. Im nebenstehenden Bild erkennt man die defekten Elkos am dunklen Belag und an der leichten Wölbung der Alu-Kappe.
Die Reparatur
Die Ekos wurden erneuert. Der Router ist repariert. |
Solange ausgelaufener Elektrolyt keinen Schaden verursacht
hat, ist eine Reparatur durch Austausch der defekten Elkos möglich und in der
Regel auch erfolgreich. Die Hauptarbeit besteht meist darin, die betroffene
Platine im Gehäuse freizulegen. Das ist mitunter auch der Grund, warum die
Reparatur bei billigen Geräten sich nur auszahlt, wenn man sie in Eigenregie
erledigen kann. Am hier gezeigten
Netgear-Router waren drei Elkos sichtbar defekt. Wir löteten die alten Elkos
aus, neue Elkos ein und reinigten die Lötstellen. Inklusive Zusammenbau und
Test an der DSL-Leitung war die Arbeit in 20 Minuten erledigt. Materialkosten:
Unter 3 Euro. Zugegeben, dieser Router war sehr reparaturfreundlich. Bei
Monitoren ist es meist recht schwierig, den Rahmen zu entfernen, um an die
entsprechenden Platinen zu kommen. Bei älteren Monitoren sind auffällig oft die
Hochspannungskondensatoren der Hintergrundbeleuchtung defekt. Die Elkos auf
älteren PC-Mainboards sind gehäuft im
Bereich des CPU-Sockels von Defekten betroffen. Die gedrängt platzierten Elkos
sind sehr schwer auszulöten. Zum einen kann man die Elkos schlecht mechanisch
greifen und zum anderen handelt es sich bei Mainboards um sogenannte
durchkontaktierte Mulitlayer-Platinen. Hier sind nicht nur auf und unter der
Platine Leiterbahnen, sondern auch noch mehrere Lagen unsichtbar im Innern. Wer
hier ungeschickt auslötet, beschädigt schnell die Durchkontaktierung und
degradiert das Mainboard augenblicklich zu Elektronikschrott. Das ist also ein
Job für erfahrene Löter.
Da Elkos eine Polung besitzen, muss diese auch beim Einbau unbedingt berücksichtigt werden. Falsch
gepolte Elkos explodieren und der auslaufende Elektrolyt beschädigt weitere
Bauteile.
Beim Kauf von Ersatzelkos schadet es nicht, einen etwas höheren Kapazitätswert und/oder die nächst höhere Spannungsfestigkeit zu wählen. Immer vorausgesetzt, der Ersatz-Elko passt mechanisch an die vorgesehene Stelle.
Beim Kauf von Ersatzelkos schadet es nicht, einen etwas höheren Kapazitätswert und/oder die nächst höhere Spannungsfestigkeit zu wählen. Immer vorausgesetzt, der Ersatz-Elko passt mechanisch an die vorgesehene Stelle.
Tipps
Die schaltbare Steckdosenleiste ist eine preiswerte Lebensverlängerung für Elektrogeräte |
Schalten Sie Geräte am besten ab, wenn sie nicht benötigt werden. Wir verwenden entweder
Schuko-Zwischenstecker mit Schalter oder schaltbare Steckdosenleisten. Ständig
eingesteckte Netzteile oder Geräte im Stand-by verbrauchen nicht nur unnötig
Strom, sondern fallen in der Regel viel früher wegen Defekten aus. So haben
sich ein paar Euro für eine gute Steckdosenleiste schnell bezahlt gemacht.
Je früher sie den Defekt durch schadhafte Elkos bemerken,
desto höher ist die Chance, dass das Gerät nach der Frisch-Elko-Kur wieder
funktioniert. Schieben sie Reparaturen deshalb nicht auf.